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Vorbericht von L. Euler vom 31. Mai 1760 zur 2. Auflage des aus 44 Landkarten bestehenden Schulatlasses | vorheriges | nächstes Dokument |
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I-VII-37, Bl. 158-163 | ← blättern → | Download | ||
Geographischer Atlas
Bestehend in 44 Land Charten Worauf alle Theile des Erdkreises vorgestellet werden auf Befehl der König[lichen] Academie der Wissenschaften nach den bißher herausgekom[m]enen besten Charten beschrieben und ins besondere zum Gebrauch der Jugend in den Schulen herausgegeben Vorbericht
Die König[liche] Academie hat diesen Atlas auf Befehl S[einer] König[lichen] Majestät stechen lassen, und da derselbe hauptsächlich zum Gebrauch der Schulen bestim[m]et wurde, so schien diese mäßige Größe der Charten zu dieser Absicht bequemer zu seyn als die gewöhnliche; was dahero an der Größe der Charten abgieng, mußte durch die Anzahl derselben ersetzet werden. Man trifft darinn allso alle Theile des Erdbodens deutlich vorgestellet an: man hat dabey die besten Charten, so bißher bekannt gemacht worden, zum Grunde gelegt, und nach denselben die gegenwärtigen sorgfältig stechen lassen, wo man nicht besondere Verbesserungen anzubringen im Stande gewesen. Da aber in den meisten Gegenden noch keine solche Beobachtungen angestellet worden, woraus man einige Verbesserungen hätte herleiten können, so hat man sich nicht zu verwundern, wann viele von diesen Charten bloß nach andern sind abgezeichnet und aus Mangel gründlicher Quellen keine Veränderungen darinn gemacht worden. Doch finden sich in dieser Sam[m]lung auch einige Charten, in welchen sehr beträchtliche Verbesserungen sind angebracht worden, welche sich folglich von denen, so bißher herausgekom[m]en, merklich unterscheiden: auch trifft man hier verschiedene Charten, welche in andern Sam[m]lungen umsonst gesucht werden. Über dieses hat man auch solche Arten der vorstellung erwehlet nach welchen beträchtliche Theile des Erdbodens der Wahrheit gemäß abgebildet werden, und deswegen hat man diejenigen Vorstellungen gäntzlich verworfen, wo entweder die Meridiani die Parallelzirkel schief durchschneiden, oder die Grade der Länge zu den Graden der Breite nicht die gehörige Verhältnüß haben. Gleichwohl hat man sich nicht im[m]er an einerley Art der Vorstellung gebunden, sondern da es mehrere gibt, welche die Gegenden der Erde richtig genug darstellen, so hat man für eine jede Gegend diejenige Auserwehlet, welche sich dazu in Absicht so wohl auf die Lage, als auf die Größe am besten schickt. Dieser Atlas begreifft jetz bey der zweyten Ausgabe 44 Charten indem drey besondere Karten von Anhalt, Meißen und Thürigen beygefüget worden, und es wird dienlich seyn für eine jede zu bemerken, ob man schon bekannte Charten schlecht weg abgezeichnet, oder ob darinn etwas verändert worden, und worauf sich diese Veränderungen gründen. Dieser Vorbericht soll allso dienen ein Verzeichnüß von allen diesen Charten, nach der dabey beobachteten Ordnung vor Augen zu legen. 1. Die zwey Halbkugeln des Erdbodens, so gemeiniglich die Obere und untere genennet werden oder Generalkarte vom Globo In dieser Charte, so mit dem grösten Fleiß von neuem gezeichnet worden, hat man das äußerste Ende des Russischen Reichs nach Osten aus dem Russischen Atlas genom[m]en, welches in andern Charten gemeiniglich sehr unrichtig vorgestellet wird. Außer dem sind darauf noch einige andere Verbesserungen angebracht und die beständigen Winde angezeigt worden 2. Declination der Magnet-Nadel, oder eben diese beyden Halbkugeln mit der Abweichung der Magnet=Nadel auf das Jahr 1744 Diese Charte muß als gantz neu angesehen werden, indem sich dieselbe in keinem andern Atlas befindet, und auch bißher auf keinen teutschen Charten die Abweichung der Magnet-Nadel vorgestellet worden. In Engelland hat zwar schon vor geraumer Zeit der berühmte Halley diese Abweichung auf einer See=Charte angezeigt, wie dieselbe im Jahr 1700 ist beobachtet worden, und erst seit kurzem ist daselbst eine neue See=Charte mit diesen Abweichungen auf das Jahr 1744 herausgegeben worden, denen man hier gefolget ist: Allein da diese Seekarten den wahren Zug der Linien auf welchen einerley Abweichung befindlich ist, gar sehr verstellen, so wird hier diese Sache zum ersten mal auf die bey Land Charten übliche Art vorgestellet, woraus man sich von der Ordnung und Richtung der dabey gebrauchten Linien einen weit richtigern Begrif machen kan. Dieses ist demnach würklich eine gantz neue Charte. 3. und 4. Die Nördliche und Südliche Halbkugel der Erde, oder Hemisphaerium Boreale und Australe Diese beyden Charten sind mit dem grösten Fleiß gezeichnet und darauf aus den neusten Reisebeschreibungen die darinn sonst häuffig vorkom[m]enden Fehler sorgfältig verbessert worden. Insonderheit sind auf der Nördlichen Halb Kugel die zwischen Asien und America gelegenen Gegenden theils nach der neuen Delislischen Charte, theils auch nach den Russischen jenseit Kamtschatka gemachten Entdeckungen dargestellet worden, wobey man auch die Spanischen Nachrichten von diesen Gegenden zu Rath gezogen. 5. Mappa Mundi generalis, oder See=Karte von der gantzen Erdkugel Da Junge Leute sich nicht leicht an diese Art die Oberfläche der Erde vorzustellen, gewöhnen können so erfordert diese Art eine ausführlichere Erklärung. Insonderheit aber ist diese Karte durch die Anzeige der Länge eines einfachen Penduli, so alle Secunden seine Schwingungen verrichte, nützlicher gemacht worden. Dann da diese Länge in verschiedenen Gegenden verschieden befunden wird, so hat man hier alle bißher angestellten Beobachtungen, wodurch diese Länge hin und wieder bestimmet worden, angeführet. Hieraus ist nun leicht zu schliessen, wie lang unter einer jeglichen Polhöhe das einfache Pendulum genom[m]en werden muß, daß dadurch genau die Secunden angezeigt werden. Hernach ist diese Karte auch deswegen merkwürdig weil darauf die Ungleichheit zwischen den Graden der Breite, welche von der nicht vollkom[m]en kugelförmigen Figur der Erde herrühret, vorgestellet wird. 6. Karte von gantz Europa Diese ist nach den neusten Homannischen Karten gestochen worden. 7. 8 .9. 10. Europa in 4 Karten vorgestellt Diese sind ohne einige Verändrung aus den Homannischen genom[m]en, und nur in eine kleinere Form gebracht worden. Dieselbe können entweder besonders gebraucht oder nach Belieben zusam[m]en geleimt werden, um solcher Gestalt gantz Europa in einer grösseren Form zu bekom[m]en. 11. Landkarte von Spanien und Portugal Weil von diesen Ländern nichts bekannt ist, woraus man eine Verbesserung bekom[m]en könnte, so hat man den Homannischen genau gefolget. 12. Landkarte von Frankreich Diese Karte ist gantz von neuem gezeichnet und die wahre Lage der Örter aus den durch Triangel angestellten Ausmessungen bestim[m]t worden: Diese Triangel sind zwar auf einer Frantzösischen Karte vorgestellt, es befinden sich aber auf derselben außer den Triangeln keine Orte angezeiget, und die Politische Abtheilung ist daselbst auch weggelassen worden; Diesen Mangel hat man allso aus den übrigen besten Karten ersetzet. Diese Karte ist auch dergestalt angefüllt, daß ungeacht der kleinen form fast kein einziger merkwürdiger Ort darauf ist aussengelassen worden. 13. Landkarte von Italien Hier hat man wegen Mangel neuerer Nachrichten den Homannischen gefolget. 14. Landkarte von Groß Britannien Diese Karte ist ebenfalls ein blosser Abdruck der Homannischen. Nach der Hand aber hat man aus Engelland gantz neue Karten erhalten, welche die drey besondern Königreiche richtiger vorstellen. Nach denselben sind die drey folgenden gemacht worden. 15. Landkarte von Engelland 16. Landkarte von Schottland 17. Landkarte von Irrland Diese drey Karten sind allso aus den besten Quellen gezogen. 18. Landkarte von den säm[m]tlichen Niederlanden Hiebey ist weiter nichts zu merken, als daß man unter allen vorhandenen Karten die Beste zum Muster gewehlet. 19. Landkarte von gantz Teutschland In dieser Karte ließ sich auch nichts verbessern. Man hat aber vor einiger Zeit eine neue Postkarte in grösserem Format herausgegeben, auf welcher die von dem Wohlse[ligen] Feld Marschall Grafen von Schmettau gemachten wichtigen Entdeckungen eingerückt worden. 20. … 27. Acht Landkarten von den Provinzen von Teutschland sam[m]t der Schweitz nem[lich] 1.) von Schwaben, Schweitz, Lotthringen, 2.) von Holland, Niederlanden, Westphalen, Heßen, 3.) Ober- und Nieder-Sachßen 4.) Francken, Böhmen, Mähren, Schlesien, Lausnitz 5.) Oesterreich und Bayrischer Creiß 6.) Thüringen, 7.) Meißen und Laußnitz 8.) Anhalt Da die Geographie von Teutschland in den Schulen hauptsächlich und ausführlicher abgehandelt zu werden pflegt, so sind zu diesem Ende diese 8 Karten beygefüget worden. Dieselben sind aber keine blosse Abrisse von schon bekanten Karten, sondern sind gantz von neuem gezeichnet worden, dergestalt daß sie als neu angesehen werden können. 28. Landkarte von Preussen Diese Karte ist auch gantz neu, umd mit dem grösten Fleiß verfertiget worden. 29. Landkarte von Polen 30. Landkarte von Ungarn 31. Landkarte von Griechenland 32. Landkarte von dem Türkischen Reich 33. Landkarte von Dännemark 34. Landkarte von Schweden und Norwegen In allen diesen Karten ist man von der gemeinen Beschreibung dieser Länder in nichts abgewichen. Man hat darinn den bißher herausgegebenen besten Karten, sonderlich den Homannische gefolget. 35. Landkarte von dem gantzen Russischen Reich Diese Karte ist gantz aus dem neulich herausgekom[m]enen Russischen Atlas genom[m]en worden, worauf zugleich die gantze Nördliche Helfte von Asien vorgestellet wird. 36. Landkarte von gantz Asien Hier hat man auch den bekannten Karten gefolget, nur ist eine solche zum Grund gelegt worden, worauf die Nordostlichen Gräntzen von Rußland richtiger angezeigt sind. 37. Landkarte vom Gelobten Land Dieses ist die einige Specialkarte von Asien, welche aber mit besonderem Fleiß gezeichnet worden, um zur Erläuterung der alten Biblischen Geographie zu dienen. 38. Landkarte von gantz Africa 39. Landkarte von gantz America Beyde sind nach den Homan[n]ischen Karten copirt worden. 40. 41. 42. 43. Vier Landkarten von dem Nördlichen America Diese Karten sind so eingerichtet, daß sie zusam[m]engefüget werden können. Dieselben sind aus einer grossen gantz neulich in Engelland herausgekom[m]enen Karte gezogen. Daher dieselben in Ansehung der wahren Lage dieses grossen Erdstriches mehr Glauben verdienen, als alle so bißher in Teutschland herausgekom[m]en. 44. Landkarten von Mare pacifico oder den zwischen Asien und America befindlichen Gegenden Diese Karte ist nach der oben erwehnten Delislischen genau abgezeichnet, und in diese kleinere Form gebracht worden, welche allso diesem Atlas zu keiner geringen Zierde gereichet. Da diese Gegenden bißher sonst nirgend vorgestellet worden. In dieser Karte hat man die von dem berühmten H[errn] Delisle gebrauchte Vorstellungs Art sorgfältig beybehalten. Da dieselbe um solche nordliche Gegenden abzubilden am bequemsten scheinet, da auch die General Karte von Rußland bey der Kaiser[lichen] Akademie zu Petersburg auf gleiche Art eingerichtet ist. Da diese Vorstellungs Art bey dem ersten Anblick gegen die ersten Grundregeln anzustossen scheinet, so wird dienlich seyn darüber eine kurze Erläuterung zu geben. Zuvorderst sind in dieser Vorstellungs Art alle Meridianigrade Linien, und auf denselben alle Grade einander gleich. Ferner laufen je zwey solche Meridiani, so einen Grad von einander abstehen, dergestalt gegen Norden zusam[m]en; daß unter zwey Polhöhen die Grade der Länge gegen die Grade der Breite eben dieselbe Verhältniß wie auf der Erdkugel erhalten. Dann unter mehrern Polhöhen ist wie bekannt eine solche Übereinstim[m]ung nicht möglich. Hiezu werden allso zwey solche Polhöhen erwehlet, welche sowohl von den äussersten Enden als auch von der Mitte desjenigen Erdstrichs so vorgestellt werden soll, gleich weit entfernet sind. Hierdurch erhält man diesen wichtigen Vortheil, daß, da unter diesen zwey Polhöhen die Verhältnüß zwischen den Graden der Länge und Breite völlig richtig ist, unter den übrigen die Abweichung von der Wahrheit so klein wird als möglich; daher dieser Erdstrich auf keine andere Art so richtig und genau vorgestellt werden kan. Bey der Karte von Rußland sind zu diesem Ende die beyden Polhöhen von 60 und 45 Graden am füglichsten erwehlet worden. Solcher gestalt lauffen aber die Meridiani zwar in einem Punkt aber nicht in dem Pol zusam[m]en, und dasselbe Punkt fällt um 7 Grade über den Pol hinaus, aus welchem als dem Mittel Punkt alle Parallel Zirkel gleichweit von einander beschrieben werden. Wann nun in ein solches Netz alle Gegenden von dem 37° biß zum 68° der Polhöhe eingetragen werden, so weicht ihre Lage so wenig von der Wahrheit ab, daß der Fehler fast nirgend merklich wird: wollte man aber noch weiter gegen Norden gelegene Gegenden eintragen, so würde der Fehler allerdings unerträglich werden, dahero dergleichen Gegenden in solchen Karten nicht einmal angezeigt werden müssen, wie solches auch auf der Delislischen Karte in acht genom[m]en worden. Niemand muß es allso dieser Karte als ein Fehler anrechnen daß das Mittelpunkt, wo die Meridiani zusam[m]en lauffen, so weit von dem würklichen Pol absteht, als welcher in dieser Vorstellung nicht einmal angezeigt werden kan. Eben so wenig muß es ungereimt scheinen, daß die Parallel Zirkel, welche auf dieser Karte biß auf halbe Zirkel fortgezogen sind, nicht wie gewohnlich 180° sondern sogar 250° der Länge enthalten: Dahero eine solche Vorstellung auch der Länge nach keine allzugrosse Ausdehnung leidet.
Register Ausser diesem Atlas sind noch folgende karten bey allen Factoren zu bekom[m]en (wie in Calendern).
1Grundlage für den Vorbericht zur 2. Auflage des Schulatlasses bildete der Vorbericht zur 1. Auflage aus dem Jahre 1753, den Euler entsprechend ergänzt und korrigiert hat. |
Archiv der BBAW, Bestand Preußische Akademie der Wissenschaften, I-VII-37, Bl. 158-163