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"Hommage an einen großen Mathematiker"

Zwei Ausstellungen zu Ehren Leonhard Eulers erinnern an sein großes Werk
Der weltberühmte gelehrte Leonhard Euler, geboren vor 300 Jahren, erklärt den Zauber der Zahlen

Wie viel mathematische Exzellenz steckt in Sudoku? Viel, denn lösen wir dieses rasterartige Zahlenrätsel, befinden wir uns bereits mitten im Forschungsgebiet von Leonhard Euler, einem der bedeutendsten Wissenschaftler des 18. Jahrhunderts. Wer keine Zahlenrätsel löst, nutzt die Leistungen schnellster Mikrochips im Computer, bewegt sich per U-Bahn auf kurzem Wege von A nach B oder nimmt jeden Tag pünktlich seine Post aus dem Briefkasten. Dass all diese Vorgänge effektiv ablaufen, ist auch dem Mathematiker Euler zu verdanken.
Am 15. April 2007 jährt sich Eulers Geburtstag zum 300. Mal. Zu Ehren des Wissenschaftlers präsentieren derzeit zwei interessante Ausstellungsprojekte im Hauptgebäude der HU Eulers Schaffen: Sie beleuchten die unterschiedlichen Abschnitte seiner Schaffensphasen in Deutschland und auch in Russland. Damit gelingt es, das große Œvre des genialen Denkers nahezu vollständig abzubilden.

Leonhard Euler wurde am 15. April 1707 in Basel geboren. Bereits mit 13 Jahren begann er an der Universität Basel eine breit angelegte Ausbildung. Seine Magisterwürde erlangte er mit 16 Jahren. Zunächst studierte Euler Theologie, wandte sich aber nach kurzer Zeit ganz seiner Leidenschaft, der Mathematik, zu. 1727 folgte er einem Ruf an die neu gegründete St. Petersburger Akademie der Wissenschaften, übernahm 1730 dort eine Physikprofessur und 1733 schließlich eine Professur für Mathematik. Er war ein unermüdlicher Forscher. Der Entwurf einer Sonnenuhr, für die eine Frist von mehreren Monaten veranschlagt worden war, gelang Euler im Jahr 1735 innerhalb von drei Tagen. Bald darauf verlor er die Sehkraft seines rechten Auges. Dank seines Schaffensdranges forschte er weiter und verfasste umgerechnet an jedem Tag seines Lebens fünfzehn Seiten Niederschrift mit fundiertem Inhalt. Im Jahre 1741 kam er nach Berlin und wurde Professor für Mathematik an der Akademie der Wissenschaften, wo er von 1744 bis 1765 Direktor war. Er arbeitete dort auf allen Gebieten der Mathematik, Physik und Astronomie.
Im Jahr 1766 kehrte er nach St. Petersburg zurück. Trotz vollständiger Erblindung forschte und publizierte Euler unermüdlich weiter und schuf fast die Hälfte seines Lebenswerkes in dieser zweiten Sankt Petersburger Zeit. Am 18. September 1783 verstarb Leonhard Euler in St. Petersburg. Er hinterließ ein Werk von fast 900 Schriften.

Eulers 25-jährige Schaffenszeit in Berlin beleuchtet die Ausstellung "Leonhard Euler in Berlin. Eine Würdigung aus Anlass seines 300. Geburtstages", in Zusammenarbeit mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die noch bis zum 29. April im Hauptgebäude vor dem Senatssaal zu besichtigen ist.
Im Fokus stehen seine Leistungen als Wissenschaftler in der Akademie sowie die "atemberaubende Biografie eines Frühreifen", der bereits mit 13 Jahren sein Studium an der Universität Basel begann. Er wurde zum Gelehrten, der "auf allen wichtigen Feldern der Mathematik Fundamentales geleistet hat und zahlreiche neue Felder eröffnete", betonte Prof. Dr. Jochen Brüning vom Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der HU und Kurator der Ausstellung in seiner Eröffnungsrede. Von Schiffsbau, -navigation, -antrieb über die Berechnung von Kometenbahnen bis hin zu menschlicher Farbwahrnehmung reichte sein Forscherdrang. Weitere Forschungsfelder bildeten die Differential- und Integralrechnung, Zahlentheorie und Algebra. 1748 publizierte er ein mathematisches Grundlagenwerk, in dem der Begriff der "Funktion" zum ersten Mal eine zentrale Rolle zukam. Physikalische Arbeiten verfasste er zur Hydrodynamik, Kreiseltheorie und optischen Phänomenen, wobei er eine Wellentheorie des Lichtes vertrat. Das Bild des Universalgelehrten Euler vervollständigt sich, wenn man erfährt, dass er sich mit Freude um seine Kinder, von 13 erreichten fünf das Erwachsenenalter, und Enkelkinder kümmerte und seine didaktischen Fähigkeiten beleuchtet: In nur zwei Jahren schrieb er über zweihundert Briefe mit leicht verständlich gemachtem, wissenschaftlichem Inhalt an eine ehemalige Schülerin.
Die Ausstellung lädt dazu ein, sich anhand von originalen Buchausgaben sowie Ansichten der zugehörigen handschriftlichen Blätter in das Genie Euler zu vertiefen.

Eine Feier anlässlich Eulers Geburtstags wird es am Montag, den 16. April, geben, wenn um 20 Uhr im Foyer des Hauptgebäudes die Ausstellung "Leonhard Euler - Zwischen Wunderdingen und Zahlenspielen" in Organisation von dem Kunsthistoriker Prof. Horst Bredekamp und dem Mathematiker und Kulturwissenschaftler Wladimir Velminski feierlich eröffnet wird. Die Ausstellung mit Rahmenprogramm präsentiert Eulers Werke aus der Zeit an der Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften, dem berühmten Forschungszentrum Russlands. Zahlreiche Originalstücke aus der Kunstkammer der Akademie, Russlands erstem Museum, zeugen von Eulers Forscherdrang und machen seine fast "bildliche" Methode des Forschens sichtbar. Durch Zeichnungen und Modelle wird der Bezug zu unserer modernen Welt deutlich: Wie entwickelt Euler aus dem "Königsberger Brückenproblem" die Graphentheorie und damit eine Methode zur Kontrolle von Verkehrsnetzen in modernen Großstädten? Wie wird aus den "Magischen Quadraten" das Sudoku-Spiel und wie entwickelte er aus der Karte von Sankt Petersburg die Zahl "Pi"? In der Akademie arbeitete er zunächst als Kartograph. Er bestimmte Längen- und Breitengrade der russischen Hauptstadt. Der erste russische Atlas sowie der originale Stadtplan der Stadt Sankt Petersburg von 1737, die auf den Arbeiten Eulers basieren, sind als Leihgabe des Sankt Petersburger Archivs der Akademie der Wissenschaften zu sehen. Durch seine Arbeit in unmittelbare Nähe der Sammlung der Petersburger Kunstkammer erhielt Euler vielfältige naturwissenschaftliche Anregungen, die seine Forschungsfelder erweiterten, beispielsweise in den Bereich der Anatomie hinein. Die Petersburger Kunstkammer bestimmt auch das räumliche Konzept der Ausstellung: Raumhohe Ausstellungsfahnen bilden im Foyer der HU die Örtlichkeit nach, in denen Euler arbeitete und "mit seinen interdisziplinären Forschungen zwischen Naturwissenschaften und Ästhetik die abendländische Kulturgeschichte maßgeblich mitprägte", wie der Mathematiker Wladimir Velminski erklärt.
Im Anschluss an die Eröffnung laden die Ausstellungsmacher um 21 Uhr in den Kinosaal der HU zur Filmpremiere: "Leonhard Euler. Im Paradies der Gelehrten", einem Projekt von Velminski unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Bredekamp. Das Symposium "mathesis & graphé", in dem es um Zusammenhänge von Wissenschaften und Künsten in der Zeit der Aufklärung geht, rundet das dreiteilige Projekt ab. Es wird von der Kulturstiftung des Bundes gefördert.

Martina Metsch